Ersatzneubau Dinkel-Wehr, Lage

Mehr als 80 Jahre hatte das Dinkelwehr „War“ in Lage auf dem sprichwörtlichen Buckel, als hier im Mai 2019 umfangreiche Sanierungsarbeiten begannen. Die baufällige Wehranlage in der Grafschaft Bentheim wurde durch eine Sohlgleite ersetzt, die den Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser auf einer längeren Strecke ausgleicht. Nun können Fische und andere im Wasser lebende Tiere wieder auf- und abwandern.

Facts & Figures

Fertigstellung

2020

Leistungen

Objektplanung LP 1-9, Tragwerksplanung LP 1-6, Bauoberleitung, örtl. Bauüberwachung, Rückbauplanung Bestandsbauwerk

Bauherr

Landkreis Grafschaft Bentheim

Standort

Diese „ökologische Durchgängigkeit“ ermöglicht die mehrstufige Sohlgleite mit 20 Querriegeln, die das Flussbett in eine Art lang gezogene Treppe beziehungsweise „Beckenkaskade“ verwandeln. Die Ruhezonen in den Becken ermöglichen auch schwimmschwachen Fischen den Gewässeraufstieg und sind gleichzeitig eine Brutstätte für den Nachwuchs. Außerdem sorgt die turbulente Strömung dafür, dass das Wasser mehr Sauerstoff aufnimmt als bisher. Dies ist ebenfalls von Vorteil für das Ökosystem und die (Kleinst-)Lebewesen in der Dinkel.

Schutz vor Hoch- und Niedrigwasser

Da die Sohlgleite aber anders als das Wehr nicht regulierbar ist, sind neue Maßnahmen zum Hochwasserschutz nötig. Aus diesem Grund sind rechts und links des Gewässers breite Flutmulden eingerichtet. Bei Hochwasser können die Wassermassen auf das Vorland der Dinkel ausweichen. In Trockenzeiten muss wiederum eine gewisse Mindestfließtiefe eingehalten werden, was in Anbetracht des geringen Wasserdargebots bei Niedrigwasser zu einer echten Herausforderung für die Lindschulte-Planer wurde. Projektleiter Klaus Koll berichtet: „Wir hatten bei unseren Berechnungen praktisch keinen Spielraum; es war echte Maßarbeit erforderlich. Aber wir konnten auf unsere Erfahrungen in der Wasserwirtschaft zurückgreifen.“

Das Projekt wurde umfassend mit EU- und Landesmitteln gefördert. Der Landkreis Grafschaft Bentheim erwarb sogar angrenzende Grundstücke, die bislang Privatbesitzern gehörten. Denn sowohl für den Landkreis als auch für den zuständigen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und die Nachbarn aus den Niederlanden hatte die Beseitigung der störenden Wehranlage hohe Priorität.

Intensiver Dialog

Bis die Bagger anrollten, mussten so einige Diskussionen geführt und Kompromisse getroffen werden. Es galt zum einen, die Anforderungen an den Natur- und Artenschutz zu erfüllen, zum anderen mussten die Interessen der angrenzenden Landwirtschaft gewahrt werden. Die historische Wassermühle in Lage an der Alten Dinkel benötigt ihrerseits ein gewisses Wasserdargebot, das bei den Lindschulte-Planungen miteinberechnet werden musste.

Klaus Koll erzählt: „Insgesamt waren sich jedoch alle Beteiligten über die Wichtigkeit dieses Projekts einig. Entsprechend angenehm und konstruktiv gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Behörden und Anliegern. Das ganze Vorhaben basierte auf offener Kommunikation und gehört so trotz der unterschiedlichen Interessen zu den ‚harmonischsten‘ Projekten meiner Karriere“.